Schulische Angebote für schulisch nicht (mehr) erreichbare Schüler*innen?

von Alexander Lang

Ich beziehe mich auf Feststellungen von Hillenbrand, die er in der überaus empfehlenswerten Broschüre "Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK)" in seinen einleitenden Worten tätigt. Demnach sind Schüler*innen von ES-Schulen "eine der am stärksten durch psychische Risiken und Auffälligkeiten belastete Gruppe von Kindern und Jugendlichen zu verstehen, bei ihnen „zeigt sich eine sehr hohe Belastung sowohl in der internalisierenden als auch, wie erwartet, noch etwas stärker in der externalisierenden Gesamtskala” (Hillenbrand in Qua-LiS NRW, S. 6). Des Weiteren wird an gleicher Stelle festgestellt, dass längst nicht alle dieser Schüler*innen mit hoher psychischer Risikolage keine angemessene therapeutisch-psychologische/psychiatrische Unterstützung erfahren.

Unlängst saß ich in einer Besprechungsrunde aller ES-Fachleitungen NRWs. Ein geladener Referent (Psychiater) führte zu einer Diskussion zu dieser Thematik knapp und überzeugend aus, dass unseren pädagogischen Angebote seiner Überzeugung nach nicht ihre Wirkung entfalten werden, wenn Schüler*innen mit psychiatrischen Auffälligkeiten ohne jede Unterstützung in der Schule säßen. Mit meinem Sitznachbarn flüsterte ich etwas ähnliches wie „... aber wir haben doch auch immer wieder Schüler*innen bei uns sitzen, die eben von jenen psychiatrischen Einrichtungen wieder nach Hause geschickt werden. Und sie sitzen dann am nächsten Tag wieder in der Klasse... ”, d. h. ich hegte durchaus Zweifel an der positivistischen Einschätzung des Psychiaters hinsichtlich medizinischer „Heilungserfolge” (in diesem konkreten Fall ging es um DMDD und einer möglichen erfolgreichen Pharmakotherapie).

Was kann, was muss ES an Angeboten bereitstellen, bzw. entwickeln, um auch für diese Schüler*innenschaft zuständig bleiben zu können?

Neben einem frühzeitigen Einbezug der Kinder- und Jugendpsychologie oder -psychiatrie, den weiteren Kooperationsstellen der Kinder- und Jugendhilfe und guter Psychoedukation auch der Erziehungsberechtigten muss ES allerdings zukünftig andere, bzw. mehr Antworten finden, als Unterrichts- oder Förderangebote in Kleinstgruppen im Klassenraum.

Es gibt immer mehr ES-Schulen, die sich auf den Weg machen. An dieser Stelle möchte ich einige Beispiele vorstellen. Und ich würde mich über weitere Nennungen im Kommentarbereich freuen (bitte mit Link), um an dieser Stelle eine Übersicht entstehen zu lassen. Wo ist ES-Schule mehr als Schule oder wo gestaltet man ES-Schule eben ganz anders, um insbesondere dieser o. g. hochrisikobelasteten Schüler*innengruppe Angebote zu ermöglichen und ein Dropout aus dem Schulsystem zu verhindern.

- Schulstation der Astrid-Lindgren-Schule in Eschweiler

- Schulbauernhof der Janusz-Korczak-Schule Gangelt (zukünftig Heinsberg),

- Schwerpunktcurriculum Soziales Lernen der Janusz-Korczak-Förderschule in Ibbenbüren

- Projekt Schul- und arbeitsweltorientierte Hilfen, Bischöfliche Marienschule in Aachen in Kooperation mit einem Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe

[alle Links waren am 09.08.2019 verfügbar]

 

Literatur

Qua-LiS NRW (2019): Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK). Praxisorientierte Arbeitshilfe, Soest.
Verfügbar unter https://www.schulentwicklung.nrw.de/q/upload/Inklusion/mesk/broschuere_mesk.pdf [08/2019]

 

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Kommentare

Kommentar von Michael Dohmen |

Die Janusz Korczak Schule hat auch noch das Hart Lern Cafe. Das Hart-Lern-Cafe ist eine intensivpädagogische Maßnahme, die meist vor dem Schulbauernhofs genutzt wird. Das HLC ist bei den Schülern sehr beliebt. Mehr Infos auf unserer Homepage

Antwort von Alexander Lang

Hallo Michael, hier nochmal der Link zu eurer Schule in Heinsberg. Ich kann mich noch gut erinnern, als du mir 2007 (?) von deiner Idee des Hart Lern Cafés und dem finnischen Vorbild im Zuge einer Netzwerk-E Tagung erzähltest. Michael Dohmen ist übrigens mittlerweile der Schulleiter der Janusz-Korczak-Schule Heinsberg. Danke für deinen Hinweis zu eurem Angebot.

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